Es gibt verschiedene Wege zur Unsterblichkeit. Man kann einen Kometen nach sich benennen, oder Menschen emotional mit seinen künstlerischen Fähigkeiten berühren und damit für immer einen Platz in ihren Herzen finden. Dmitri Hvorostovsky ist das gelungen. Als Kosmopolit an den großen Opernhäusern dieser Welt zu Hause, ist er seiner russischen Heimat treu geblieben. Und so betrauern Fans und Kollegen rund um den Globus den Mann mit der großen Stimme, der viel zu früh, im Alter von 55 Jahren, an einem Hirntumor verstorben ist. Noch im Jahre 2016 trat er zusammen mit dem Alexandrow Ensemble auf und sang das berühmte Lied „Zhuravli“ (Frenkel/Gamzatov). Gerne hätten wir ihn mit dem Alexandrow Ensemble hier in Berlin zum Konzert begrüßt. Wir werden diesen großartigen Künstler in unserer Erinnerung behalten.
Die Russen kommen!
Die Frankfurter Konzertagentur Lippmann + Rau hat Größen wie Jimi Hendrix und die Rolling Stones nach Deutschland geholt. Im Jahr 1979 brachten sie das Alexandrow Ensemble erstmals auf die andere Seite des Eisernen Vorhangs. Von März bis Mai gab es 27 Konzerte in 24 Städten (Hamburg, Köln, München, Saarbrücken, Frankfurt, Stuttgart u.a.). Im 50. Jahr seines Bestehens war diese Tournee ein Meilenstein. Seiteher genießt das Ensemble in ganz Deutschland eine hohe künstlerische Akzeptanz beim kulturell interessierten Publikum. In der 46. Folge von Rudi Carells „Am laufenden Band“ präsentierte sich das Künstlerkollektiv zudem mit einem kraftvollen, gut gelaunten Fernsehauftritt.
Telegramm von der Polarstation
Am 21. Mai 1937 brachte ein Flugzeug Iwan Papanin (Polarforscher), Jewgeni Fjodorow (Meteorologe), Pjotr Schirschow (Ozeanologe) und Ernst Krenkel (Funker) in den nördlichen Polarraum. Auf einer großen Eisscholle errichteten sie die Forschungsstation »Nordpol 1«. In 274 Tagen drifteten sie über 2.500 km in die Grönlandsee. Diese Expedition, die erste ihrer Art, war ein wissenschaftliches Prestigeprojekt der Sowjetunion und wurde auch von der internationalen Presse mit Spannung verfolgt. Eine Ausstellungsversion von Papanins Drifteisstation wurde zur gleichen Zeit in Frankreich auf der Weltausstellung präsentiert. Per Funktelegramm sendeten die Forscher im September 1937 einen persönlichen Gruß nach Paris: »Nordpolstation +++ Wir liegen in unseren Schlafsäcken und hören im Radio das Konzert des Rotbanner Ensembles in Paris. Wir sind überglücklich, erstens, weil wir diese uns so lieben Klänge hören und selber mitsingen, und zweitens, weil wir die Begeisterung des Publikums hören, erinnern wir uns an die sensationellen Erfolge des Rotbanner Ensembles. Wir hörten am Nordpol den Applaus in Paris, die Rufe ‚Bravo!‘ und ‚Zugabe!‘. Der enthusiastische Empfang war wohlverdient. Das Ensemble war glanzvoll in der Darbietung seiner besten Lieder. Ihr nördlichstes Publikum sendet herzliche Grüße an das Ensemble und seinen Leiter, Genosse Alexandrow. Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg bei der Demonstration unserer sowjetischen Kunst.«
Hinter den Kulissen
Uniformen vermitteln ein strenges Bild und verraten wenig über die Menschen, die in ihnen stecken. Einen liebevollen Blick hinter die Kulissen erlaubte 2013 der polnische Kanal Polska Zbronja während einer Gastspielreise durch mehrere polnische Städte. Zu sehen bekommen wir junge Männer in Jeans – Sänger mit freundlichen, zufriedenen Gesichtern bei der Probe, Tänzer in Trainingskleidung, Techniker beim Soundcheck – Bühnenalltag, wie er sich von anderen kaum unterscheidet. Erst durch Uniformen und Kostüme entsteht das unverwechselbare Erscheinungsbild des Ensembles. Auf der Bühne verschmelzen die Einzelpersonen zu einem organischen kollektiven Ganzen. Hinweis: Ab dem 21. November 2017 ist das Alexandrow-Ensemble in Polen auf Tournee.
God save the Queen
Es ist gute Tradition, dass das Ensemble auf Reisen ein jedes Konzert mit zwei Nationalhymnen beginnt – der des Gastlandes, gefolgt von der eigenen. So war es auch bei der ersten »London Invasion«, 1956, in der Empress Hall. »Der großartige Soldatenchor sang sich in die Herzen des britischen Publikums. Dies war ein vollständiger und unblutiger Sieg der Roten Armee. Und bei all dem waren die Tänzer die Hauptattraktion, denn sie vollführten ihre Sprünge und Drehungen gegen alle Gesetze des Gleichgewichts und der Schwerkraft.« (Daily Sketch). Bei weiteren UK-Tourneen 1963 und 1989 folgen Gastspiele in der Londoner Royal Albert Hall, die auch auf Langspielplatten dokumentiert werden.
Treue Freunde
»Ich lass mir auch heute nicht sagen, wen ich mögen darf und wen nicht!« Wer so zu seinen Freunden steht, gilt als wahrhaft treue Seele und steht zugleich auch zu sich selbst. Trotz politischer Widerstände und opportunistischem Anpassungsdruck verbindet Karel Gott eine langjährige Freundschaft mit dem Alexandrow-Ensemble. Er ist der einzige ausländische Künstler, der bislang die Alexandrow-Medaille verliehen bekam. Im Jahr 2013, zum 85. Jubiläum in Moskau, kam er als musikalischer Gratulant auf die Bühne. Während seiner schweren Erkrankung wirkten die ermunternden Worte seiner Ensemble-Freunde wie heilsame Medizin: »Karel, wir lieben dich. Du hast versprochen bei unserem 90. Jubiläum in Moskau dabei zu sein. Werde gesund! Du schaffst das! Wir sind an deiner Seite!«
Säbeltanz in Prag
Im Anschluss an das Gastspiel während der Weltausstellung in Paris gab das Alexandrow Ensemble ab dem 28. September 1937 acht Konzerte in der Smetana Halle in Prag und zwei Matinées für tschechische Soldaten der Prager Garnison. Im Rahmen eines großen Treffens sudentendeutscher Antifaschisten in Usti nad Labem (Aussig) begrüßte der sozialdemokratische Bürgermeister Leopold Pölzl die sowjetischen Künstler am 1. Oktober 1937 in der größten Sporthalle der Stadt. Die deutschnationale Presse war außer sich. Mehr als 5.000 Zuschauer waren begeistert. Nach dem Krieg kam das Ensemble 1946 wieder nach Prag. 1948 folgte eine erste Tournee durch die Tschechoslovakei. Gastspielreisen in die CSSR standen fortan regelmäßig auf dem Programm. In der Tschechischen Republik hat das Alexandrow Ensemble bis heute einen großen Klang. Zuletzt war es im Sommer 2017 zu Gast.
Palais des Sports – Paris
Im März und April 1960 gastierte das Alexandrow Ensemble im gerade neu eröffneten futuristischen Palais des Sports in Paris. Für die Franzosen ist dies heute ein mythologischer Ort der Musikgeschichte – The Beatles, Rolling Stones, Johnny Hallyday, Pink Floyd, Queen – sie alle hatten dort ihren großen Auftritt. 1963/64, 1967, 1974/75 – das Alexandrow Ensemble wurde immer wieder im Palais des Sports gefeiert und begeisterte mit Gesang und Tanz. Einige der Konzerte sind auf Schallplatten dokumentiert. »Les Choeurs de l’armée Soviétique a Paris« wurde vergoldet und gewann in Frankreich den »Grand Prix National du Disque« des Jahres 1961.
Immer für eine Überraschung gut
Das Ballett des Alexandrow-Ensembles ist bekannt für Tanzszenen, bei denen man geneigt ist, den Atem anzuhalten. Die Gesetze der Schwerkraft scheinen für diese Tänzerinnen und Tänzer nicht zu gelten. Für besondere Überraschungsmomente sorgen sie jedoch auch mit Tanzeinlagen, die völlig unerwartet aus der Rolle fallen. Bei ihrem Gastpiel in Tschechien waren die Zuschauer komplett aus dem Häuschen, als zum Karel Gott- Klassiker „Lady Carneval“ das Ballett mit bunten Samba-Kostümen und einer begeisternden Choreographie die Bühne stürmte – Lebensfreude pur!
Willkommen in Berlin
Ein historisches Filmdokument aus dem Archiv von Michail Kharitonov zeigt das Alexandrow Ensemble bei verschiedenen Gastspiele in Berlin. Besonders anrührend sind die Ausschnitte aus dem Jahr 1948. Sie vermitteln einen lebendigen Eindruck von der mitreißenden Atmosphäre inmitten der Ruinen auf dem Gendarmemarkt. In kurzen Interviewsequenzen aus späteren Jahren schildert Boris Alexandrow seine persönlichen Erinnerungen.